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Klostermedizin in der Neuzeit

In der Frühen Neuzeit (16.–18. Jahrhundert) verschiebt sich der Rahmen der Heilkunde: Humanismus, Druckkultur und neue Botanik verändern Beobachtung und Darstellung. Auf die Mainzer Inkunabeln folgen im 16. Jahrhundert Autoren wie Otto Brunfels, Hieronymus Bock und Leonhart Fuchs mit stärkerer Anschauung, Beschreibung und Bild; Klöster bleiben Orte von Pflege, Bildung und Wissensweitergabe.

Parallel entwickeln sich Apothekenwesen und Klosterapotheken weiter: Arzneigärten, Destillation und Rezeptur sichern die Versorgung, während städtische und territoriale Apothekenordnungen sowie Pharmakopöen die Qualität zunehmend normieren (z. B. das Dispensatorium von Valerius Cordus und städtische Pharmacopoeae).

Im 18./frühen 19. Jahrhundert führen staatliche Reformen und Säkularisation zu neuen institutionellen Strukturen; monastische Traditionen bleiben in Gärten, Rezepturen und Pflegepraxis wirksam und prägen regionale Kulturen der Heilmittel.

Kernpunkte

  • Frühe Neuzeit: Humanismus, Druck, neue Botanik

  • Klosterapotheken: Gärten, Destillation, Rezeptur

  • Normierung: Apothekenordnungen und Pharmakopöen (Dispensatorium Valerius Cordus; städtische Pharmacopoeae)

  • Wandel um 1800: Reformen und Säkularisation, Traditionslinien in Praxis und Gartenkultur

Profil: Die Klosterapotheken brachten nicht nur frühe Apothekerinnen hervor; ihre Offizinen dienten auch als Vorbilder für Organisation und Qualitätssicherung der späteren pharmazeutischen Industrie. Einige Produkte erreichten große Popularität und wurden – als Einnahmequelle für die Konvente – in größeren Mengen hergestellt.

Offizin & Destillation: Die Kunst des Destillierens wurde im Mittelalter in Klöstern gepflegt und weiterentwickelt. Besonders bekannt ist der Melissengeist der Karmeliten (Regensburg), der im 18. Jahrhundert in Deutschland als berühmtestes Präparat seiner Art galt. Viele Ordensleute und ganze Klöster engagierten sich nicht nur in der Herstellung, sondern auch in Forschung und Rezepturpflege.

Bruch durch Säkularisation (1803–1806) & Kontinuitäten: Die Säkularisation (Einziehung der Kirchengüter) führte zur Auflösung zahlreicher Klöster in den deutschen Staaten. Zwar wurden manche Konvente in den folgenden 50–100 Jahren neu belebt, ihre frühere Bedeutung erreichten nur wenige wieder. Für kontinuierende Produktionslinien und traditionelle medizinische/hygienische Erzeugnisse lohnt daher der Blick nach Österreich und besonders nach Italien. Aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion wird zudem berichtet, dass dort Klöster in der medizinischen Versorgung der Landbevölkerung aktiv sind, Kräuter anbauen und entsprechende Produkte herstellen.

Einordnung: Die monastische Arzneibereitung bildete eine Brücke zwischen klösterlicher Praxis und moderner Industrieproduktion. Nach 1800 verlagerte sich die Rolle der Klöster von der Offizin zunehmend auf Pflege, Hospitäler und caritative Dienste, während einzelne Produktlinien (v. a. Destillate, Tinkturen, Hygieneartikel) regional weitergeführt wurden.

Kernpunkte
  • Offizin als Vorbild: Klosterapotheken prägten Organisation & Qualitätsverständnis der Pharmaindustrie; frühe Apothekerinnen im klösterlichen Kontext.

  • Destillierkunst: In Klöstern kultiviert; exemplarisch Melissengeist der Karmeliten (Regensburg), 18. Jh.

  • Einnahmequelle: Herstellung populärer Präparate in größeren Mengen durch einige Abteien/Konvente.

  • Säkularisation 1803–1806: Breiter Bruch; nur wenige Klöster erlangen frühere Bedeutung wieder.

  • Fortsetzung außerhalb Deutschlands: Traditionelle Produktion besonders in Österreich/Italien; Aktivitäten auch in Staaten der ehemaligen UdSSR (Kräuteranbau, Versorgung der Landbevölkerung).

  • Verschiebung nach 1800: Von der Offizin hin zu Pflege/Hospitalwesen; einzelne Produktlinien (Destillate, Tinkturen, Hygieneartikel) bestehen fort.

 

 

Forschergruppe Klostermedizin

 

 

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