Profil und Datierung
Das nach seinen Anfangsworten benannte Circa instans (auch De simplicibus medicinis / Liber de simplici medicina) entstand um 1150–1170 im Umfeld der Schola Medica Salernitana. Es handelt sich um eine Arzneimittellehre der einfachen Mittel (simplicia) und zählt zu den prägenden Werken der salernitanischen Tradition. Die Autorschaft wird meist der Familie Platearius zugerechnet (häufig Matthaeus Platearius), bleibt aber unsicher.
Aufbau und Methode
Die Drogenmonografien sind alphabetisch geordnet und folgen einem zweiteiligen Schema:
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Beschreibungsteil: Namen/Benennungen, Primärqualitäten, Beschreibung der Droge (Pflanze/Tier/Mineral), Qualitätsmerkmale, Hinweise auf Verfälschungen, Haltbarkeit, Wirkspektrum im Sinne der Humoralpathologie.
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Anwendungsteil: Indikationen, Zubereitungen, Kombinationen mit anderen Drogen; häufig Angaben zu Ersatzmitteln. Der Text enthält auch fünf Zaubermittel und zeigt sich gelegentlich apothekerkritisch.
Quellen und Bezugssystem
Als Hauptbezüge werden Dioskurides (Materia medica) und der Liber graduum des Constantinus Africanus genannt; die Indikationen weichen jedoch teils merklich ab. Daneben steht der Macer floridus (Lehrgedicht; nicht salernitanisch, aber vom Liber graduum beeinflusst) und – für composita – das Antidotarium Nicolai.
Fassungen und Überlieferung
Die Überlieferung ist reich und vielfältig. Für die lateinische Tradition werden über 100 vollständige Handschriften genannt (neben zahlreichen Teilüberlieferungen). Grob unterscheidet man:
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Redaktion A: Langfassung mit 432 Kapiteln im Codex Salernitanus (um 1180); daraus ableitbare illustrierte und stark erweiterte Linien (bis ~900 Kapitel), u. a. der Tractatus de herbis (ältester Vertreter: London, BL Egerton 747; bedeutende Hss.: London, BL Sloane 4016) und die französische Übertragung Livre des simples medecines.
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Redaktion B: Vulgatfassung, ca. 250–277 Kapitel in verschiedenen Unterredaktionen (z. B. Erlangen, Lyon 1525, Göttingen), mit abweichender Kapitelzählung und Reihenfolge.
Nachwirkung
Das Circa instans beeinflusste die Standardisierung von Rezeptliteratur und Apothekenpraxis (z. B. Lagerung, Nomenklatur) und wirkte in Enzyklopädien des 13. Jahrhunderts (Thomas von Cantimpré, Bartholomaeus Anglicus). Es gilt als wichtige Quelle für den Mainzer Gart der Gesundheit (1485) und wirkt in späteren Kräuterbüchern nach.
Kernpunkte
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Circa instans (De simplicibus medicinis / Liber de simplici medicina), um 1150–1170, Salerno
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Alphabetisch; zweiteiliges Schema (Beschreibung/Anwendung); Primärqualitäten, Qualität, Fälschung, Haltbarkeit; Ersatzmittel
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Quellen: Dioskurides, Constantinus Africanus (Liber graduum); daneben Antidotarium Nicolai (für composita)
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Redaktion A (Codex Salernitanus, ca. 1180, 432 Kapitel; daraus Tractatus‑/illustrierte Linien bis ~900)
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Redaktion B (Vulgatfassung, ca. 250–277 Kapitel; Unterredaktionen Erlangen, Lyon 1525, Göttingen)
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Tractatus de herbis (illustrierte Traditionslinie; z. B. London, BL Egerton 747 und Sloane 4016; Modena, lat. 993)
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Nachwirkung: Standardisierung; Einfluss auf Gart der Gesundheit (1485) und spätere Kräuterbücher